AVL List will mit neuem Verfahren Produktion revolutionieren.
Noch drücken die nackten Zahlen kein Ende der Entwicklung aus. Fossile Brennstoffe nehmen das Klima in den Schwitzkasten. Jährlich werden 5.600 Milliarden Liter Erdöl, das sind 180.000 Liter pro Sekunde, verbraucht. Höchste Zeit für eine Wende, für das Umdenken, für Alternativen.
Hilfreich und auch gewinnbringend sollen neue Ideen sein. Deshalb sind die Besucher des Grazer Unternehmens AVL mit erhöhter Vorsicht konfrontiert. Strenge Registrierung, keine Fotoapparate, zugeklebte Linsen auf Handykameras. Und weil die Firma weltweit im Bereich der neuen Anwendungen im Industrie- und Energieumfeld, sowie auch in der Mobilität innovative Lösungen sucht, sind Fragen nach politischen Rahmenbedingungen eher unerwünscht.
Worum sich fast alles dreht? Wasserstoff. Grün, CO2-frei – und – hergestellt mit einem innovativen neuen Elektrolyseverfahren.
Das ist vor allem zukünftiger Treibstoff für Schiffe, Flugzeuge und Langstrecken-Lkw. Noch kosten Wasserstoff-Lkw fünf Mal so viel wie herkömmliche Fahrzeuge. In der Zeit von 2030 bis 2035 wird sich der Preis auf das Doppelte reduzieren. Bei höherer Effizienz und niedrigeren Betriebskosten.
Es gibt auch Projekte mit Pkw. Jürgen Rechberger, der Experte bei AVL meint: „In Europa aber nicht vor 2030 und ergänzend zu den E-Autos.“ Seine Einschätzung: 75 Prozent Batterie, 25 Prozent Wasserstoff.
Aber woher die erneuerbare Energie nehmen? Österreich wird die Menge alleine nicht herstellen können. „Wir können heute in Nordafrika um 20 Prozent der Kosten produzieren, die man in Europa dafür aufwenden müsste“, sagt Rechberger.
Die E-Fuels kommen ins Spiel. Die AVL will auf dem Grazer Firmengelände noch in diesem Herbst eine Versuchsanlage zu Demonstrationszwecken in Betrieb gehen lassen. Produktionsumfang: 100.000 Liter jährlich.
AVL
Ein Modell der durch AVL entwickelte e-Fuel Anlage in Graz in Kooperation mit der IFE Investorengruppe.
Was am bereits bekannten System neu ist?
Rechberger verrät: „Unser Ziel ist 30 Prozent weniger erneuerbare Energie durch eine Hochtemperaturelektrolyse bei 600 bis 800 Grad zu verbrauchen. Der Vorteil ist, dieselbe Menge E-Fuels mit deutlich weniger erneuerbarem Strom zu produzieren.“ Damit würden auch die Herstellkosten von solchen Kraftstoffen um 2 bis 30 Prozent gesenkt. „Und die Effizienzsteigerung erfolgt vor allem dadurch, dass die Wärme aus der Synthese wieder in der Elektrolyse Anwendung findet.“
Luft- und Schifffahrt sind ohnehin wieder als Abnehmer in der Rechnung, aber E-Fuels sind auch eine wichtige Brückentechnologie, um die CO2-Emissionen der bestehenden Fahrzeugflotten zu eliminieren oder erheblich zu reduzieren. Herstellbar sind E-Fuels als Diesel, Benzin oder als Kerosin. Wo dies geschieht?
Kostenfrage
Wieder dort wo der erneuerbare Strom sehr günstig ist (ein bis zwei Cent pro Kilowattstunde), als z. B. Nordafrika, Naher Osten, Indien oder Australien. In Chile eröffnete Porsche bereits eine E-Fuel-Anlage, in der nach der Pilotphase als Spitzenwert 550 Millionen Liter pro Jahr hergestellt werden sollen
Was E-Fuels kosten? Rechberger: „Geschätzt werden zirka 1,5 Euro pro Liter. Im Vergleich kommen fossile Kraftstoffe auf 30 Cent. Mit Marketing und Handel werde man ungefähr auf zwei bis 2,5 Euro kommen.
„Jedenfalls haben wir kein Energieversorgungsproblem, sondern ein Transportproblem, Energie dorthin zu bringen, wo wir sie brauchen.“ Mit Wasserstoff sei das möglich – „aber wir stehen dabei noch ganz am Beginn“.