Warum Türkis-Grün wohl doch bis zum Ende durchhält

Derzeit stehen die Zeichen in der Regierung wieder auf Weitermachen bis zum Herbst 2024. Das hat viel mit Geld zu tun.

„Die Regierung ist noch 16 Monate im Amt, gewählt wird im September 2024“: Das sagte Kanzler Karl Nehammer diese Woche in der ZiB 2. Ganz vom Tisch sind vorgezogenen Wahlen im März 2024 zwar noch nicht, aber im Moment stehen die Zeichen eher auf Durchdienen bis zum regulären Wahltermin. Und das hat viel mit Geld zu tun.

Zum einen geht es um die Brieftaschen der Wähler. In Zeiten der hohen Inflation zu wählen, könne für die Regierungsparteien nur daneben gehen, heißt es in Koalitionskreisen. Zwar sind ÖVP und Grüne nach wie vor überzeugt, im Großen und Ganzen die richtigen Maßnahmen gegen die Teuerung gesetzt zu haben, aber bevor die Preise im Supermarkt nicht spürbar sinken, bestehe wenig Hoffnung, dass die Verbitterung des Wahlvolks verraucht. „Je länger es dauert, umso größer die Chance, dass die Inflation merkbar zurückgeht“, heißt es unisono bei Türkis und Grün.

Zum Zweiten geht es auch um die Kassen der Regierungsparteien. Beiden, ÖVP und Grünen, droht bei der nächsten Nationalratswahl laut Umfragen der Verlust von ca. einem Drittel ihrer Stärke. Das bedeutet grob gesprochen auch den Verlust von einem Drittel der Fördergelder für Partei, Akademie und Klub. Die Förderungen werden im ersten Halbjahr nach einer Nationalratswahl dem Wahlergebnis angepasst.

Alle warten auf die SPÖ

Beispiel ÖVP: Sie erhält derzeit auf Basis des guten Wahlergebnisses von 2019 (37,5 %) 12 Millionen Parteienförderung pro Jahr. Verliert sie ein Drittel (das wären ca. 25 % bei der Wahl), kostet sie das vier Millionen im Jahr. Wird die Nationalratswahl um ein halbes Jahr vorverlegt, kostet das die ÖVP rund zwei Millionen allein an Parteienförderung. Bei den Grünen geht es nach derselben Rechnung um etwa 700.000 Euro (4,6 Millionen Euro Parteienförderung 2022). Die Grünen errangen 2019 14 Prozent und liegen in Umfragen bei neun.

Neu nachgedacht wird über den Wahltermin sicherlich, sobald das SPÖ-Ergebnis vorliegt. Wenn Pamela Rendi-Wagner oder Andreas Babler gewinnen, hat das wenig Auswirkung, die beiden werden in der ÖVP nicht als Gefahr betrachtet. Hans Peter Doskozil hingegen wird in der ÖVP „Schreckgespenst“ genannt. Sollte der Burgenländer SPÖ-Chef werden, werden die ÖVP-Strategen überlegen: Ist es klug, gleich zu wählen, um ihm wenig Zeit zur Profilierung zu geben? Oder ist es besser, ihn ein Jahr dunsten zu lassen und zu warten, bis er erste Fehler macht und eine innerparteiliche Absetzbewegung, zum Beispiel des linken Babler-Flügels, einsetzt?

Grüne auf alles gefasst

Bei den Grünen bleibt man trotz der aktuellen Entwarnung auf alles gefasst: „Wenn es der ÖVP strategisch passt, wird sie einen Casus Belli finden und wählen gehen“, heißt es. Programmierte Gründe für den finalen Krach gibt es auf der Regierungsagenda jedenfalls nicht. Weder beim Budget noch beim Finanzausgleich sind Sollbruchstellen absehbar.

„Die Grünen wissen, dass sie nie mehr so mächtig sein werden wie jetzt und versuchen, in der verbleibenden Zeit noch so viel wie möglich für ihre Klientel herauszuholen“, sagt ein ÖVPler. In der Koalition gehe halt wenig weiter, trotzdem werde weiter gewurstelt: „Aber das ist ja nichts Neues in Österreich.“

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