Korruptionsindex: „Ibiza wirkt lange nach“

Eva Geiblinger über Österreichs Image in der Welt, den Effekt der U-Ausschüsse und warum es schnellere Strafverfahren braucht.

Österreich hat im Korruptionsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) im Vorjahr erneut Punkte eingebüßt und fiel von 2021 auf 2022 vom 13. auf den 22. Rang. 

Woran das liegt, welche Auswirkungen das hat und warum es lange dauern kann, bis sich Österreichs Ruf in der Welt wieder bessert, erklärt Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International Austria im KURIER-Interview. 

KURIER: Ist Österreich wirklich so korrupt, wie der aktuelle Index vermuten lässt?

Eva Geiblinger: Der CPI ist ein Wahrnehmungsindex, er sagt nichts über die tatsächliche Korruption aus. Verschiedene internationale Institutionen werden befragt, wie Österreichs öffentlicher Sektor in ihren Augen dasteht, so ergibt sich die Punktezahl. Vor 15 Jahren waren wir noch unter den Top 10, sind dann mehr und mehr gesunken. Jetzt hat es geklatscht. Wir sind in Gesellschaft der Seychellen und der Arabischen Emirate. 

Ist dieses schlechte Image gerechtfertigt?

Ich finde nicht. Aber es hat sich in den vergangenen Jahren seit der Ibiza-Causa leider viel angesammelt und international herumgesprochen. Das wirkt lange nach. Für uns als Wirtschaftsstandort ist das bedauerlich. Wir wollen schließlich Investoren anlocken und nicht abschrecken. 

Es hat sich seither im Bereich der Transparenz und Korruptionsbekämpfung aber auch viel getan – wird das international nicht honoriert?

Anscheinend nicht, schwerer wiegt der politische Hickhack – und so etwas beeindruckt weltweit wenig.

Die U-Ausschüsse hätten ja der Aufklärung von Korruptionsskandalen dienen sollen. Wie war die Signalwirkung?

Gerade da hat dieser innenpolitische Hickhack sicher nicht dazu beitragen, dass wir im Ausland positiv wahrgenommen werden. Die U-Ausschüsse waren viel zu emotional, sachlich ist wenig rübergekommen. Es wäre gut, wenn es wieder mehr echte Information geben würde, die man im Ausland, bei den Nachbarn oder bei interessierten Investoren herzeigen könnte.

TI Austria

Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International Austria

Türkis-Grün hat kürzlich einen Entwurf für ein Anti-Korruptionspaket vorgelegt. Was halten Sie davon?

Wir begrüßen diese Reform. Natürlich hat sie noch Verbesserungspotenzial, aber es ist ein Entwurf in die richtige Richtung. Ein Schritt in die falsche Richtung ist das Whistleblower-Gesetz. Wir waren eines der letzten Länder, die überhaupt die EU-Richtlinie umgesetzt haben, und der vorliegende Entwurf ist jetzt eine Minimallösung. Die Unternehmer werden zurückgelassen mit mehr Fragen als Antworten. Die Hinweisgeber, die Whistleblower, werden sich angesichts dieser Rechtsunsicherheit drei Mal überlegen, ob sie einen Hinweis auf illegale Machenschaften in ihrem Unternehmen geben oder nicht. Es bringt also keine deutliche Verbesserung, wie sie dringend notwendig wäre. 

Seit Jahren wird über das Informationsfreiheitsgesetz diskutiert. Dauern die Gesetzgebung in Österreich zu lang?

Ja, weil es immer jemanden gibt, der sagt, das geht nicht, das ist zu viel Aufwand. Das sind alles Ausreden. Es muss doch möglich sein, dass die Bürger endlich den Einblick bekommen, der ihnen zusteht. 

Schärfere Gesetze sind das eine, aber welche Rolle spielt die Verfahrensdauer, wenn man Korruption wirksam bekämpfen will?

Tat und Strafe sollen möglichst nahe beieinander liegen. Gerade bei der Buwog-Causa weiß ja niemand mehr so genau, worum es da gegangen ist. Deshalb: Ja, es wäre wichtig, dass die Verfahren rascher abgehandelt werden, damit die Signalwirkung eine entsprechende ist. 

Die WKStA hat die lange Dauer auch damit gerechtfertigt, dass die personellen Ressourcen fehlen. Jetzt hat sie in Vollbesetzung 45 Staatsanwälte und 20 Experten.

Ja, aber die Vollbesetzung gibt es ja erst seit Kurzem. Man darf sich da keine Wunder erwarten. 

Wie sehen Sie das Verhalten der ÖVP zu den Korruptionsvorwürfen in der Partei? Hat sie sich von der ihrer Vergangenheit unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz deutlich genug abgegrenzt, damit das international bemerkt wird?

Ich äußere mich nicht zu politischen Parteien. Aber ich sage: Man kann nur durch Transparenz und präventive Maßnahmen Vertrauen zurückgewinnen. Diese Politikverdrossenheit der Bürger darf einen nicht wundern. 

Abschließend: Was kann Österreich tun, um diese Talfahrt beim Korruptionsindex zu stoppen?

Der Eindruck hat sich derart verfestigt, es dauert Jahre, bis sich das erholt hat. Aber ich werde nicht müde, zu erklären, warum wir fordern, was wir fordern. Jetzt hört man uns verstärkt zu und ich habe den Eindruck, die Politik weiß, dass High Noon ist. 

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert