Vera-Lotte Boecker singt in „Schwanda, der Dudelsackpfeifer“
Das MusikTheater an der Wien und Raritäten – diese Kombination hat in der Vergangenheit oft funktioniert und immer wieder auch für Diskussionen gesorgt. Am Samstag (18. November) ist es wieder so weit. Dann hebt sich im Ausweichquartier der Halle E des Museumsquartiers der Vorhang zu „Schwanda, der Dudelsackpfeifer“, einer romantischen Oper des tschechischen Komponisten Jaromír Weinberger (1896 – 1967), die nur selten zur Aufführung gelangt. Dabei war das Werk im Jahr 1927 ein großer Erfolg, ehe der NS-Terror das Stück verbot, Weinbergers Karriere beendete, den Künstler ins Exil in die USA und letztlich indirekt in den Selbstmord trieb.
In Wien ist nun die deutsche Fassung in der Übersetzung von Max Brod zu erleben; Tobias Kratzer führt Regie. Und er verlegt die Handlung ins Jahr 2023.
Worum geht es? Der titelgebende Schwanda lebt mit seiner jungen Frau Dorota beschaulich am Land. Dann taucht der Räuber Babinsky auf, der Schwanda – nachdem er selbst von Dorota abgewiesen wurde – zu allerlei Abenteuern verführt. Da gibt es eine Eiskönigin, einen Magier und den Teufel höchstpersönlich; Dorota aber kämpft hingebungsvoll um ihren Mann.
„Diese Frau hat Eier“, lacht die deutsche Sopranistin Vera-Lotte Boecker im KURIER-Gespräch.
Monarca Studios
Denn, so die vielfach prämierte Sängerin: „Es ist schräg, eine richtige Entwicklungsgeschichte. Wie Faust vielleicht, dem es zu Hause zu eng wird, der die große weite Welt sehen will. Dorota hat in der Originalversion ein Ziel: Schwanda zurückzuholen.“
Traumnovelle
Aber: „In dieser Produktion ist das ein bisschen anders. Regisseur Tobias Kratzer bezieht sich auf Arthur Schnitzlers ,Traumnovelle’. Dorota und Schwanda führen eine offene Beziehung in ihrem kleinen IKEA-Heim. Dorota hat ein Verhältnis mit Babinsky. Schwanda läuft weg und steigt auch hinab in die Hölle, die hier ein Sexklub ist. Nach vielen beiderseitigen erotischen Begegnungen kommt es zu einem Happy End. Oder war doch alles nur ein bizarrer Traum?“
Vera-Lotte Boecker, die eben erst zur Sängerin des Jahres gewählt wurde und den Österreichischen Musiktheaterpreis erhielt, hat vor solchen Partien keine Angst. „Musikalisch hat man nicht so viel zu tun. Aber die Partie ist komisch. Sie liegt teilweise sehr tief, teilweise sehr hoch und ist teilweise lyrisch. Und dazu kommt, dass die Orchestrierung sehr, sehr dick ist. Aber wir haben mit Petr Popelka einen tollen Dirigenten, der auf uns schaut.“
Boecker liebt extreme Rollen, die sie mit Yoga wieder aus dem Kopf bekommt. „Ich habe während Corona eine Yogalehrer-Ausbildung gemacht und dann auch noch einen .Mediationslehrerschein. Das hilft mir sehr. Ich mache beides täglich. Und wenn gar nichts mehr geht, habe ich eine Jahreskarte für den Wiener Zoo. Ich liebe es, an einem Sonntag die Tiere zu besuchen.“