Der finnische Kultregisseur meldet sich mit einer spröden, anrührenden Liebesgeschichte im Kino zurück
Von Susanne Lintl
Geredet wird nicht viel, wie immer bei Kaurismäki. Dafür zählen die kleinen Gesten des Alltags, die Monotonie der Bewegungen, der immer gleichen Abläufe. Stets schwingt Melancholie mit: Die kleinen Leute, die der finnische Regiemeister so mag, wissen, dass sie nicht ausbrechen können aus ihrem Leben. Also machen sie das Beste aus dem, was sie haben.
In „Fallende Blätter“ erzählt Kaurismäki die Geschichte der langsamen Annäherung der jobelastischen Ansa (sie nimmt jeden Job an, der ihr einigermaßen das Auskommen sichert) und dem trinkenden Bauarbeiter Holappa. Einsame Herzen wie aus dem Bilderbuch, verknöchert in ihren Routinen und doch offen für das Missing Link, das im Idealfall ihr tristes Leben aufpeppt. In einer Karaoke-Bar lernen sich die beiden kennen, ach was, sie sehen sich bloß und wechseln kein Wort. Umständlich besorgt er sich ihre Telefonnummer, geht mit ihr ins Café, ins Kino. An Skurrilität nicht zu überbieten ist die Szene, in der sie Ausschnitte des soeben gesehenen Zombie-Films mit Impressionen aus Filmen von Meistern wie Godard oder Bresson vergleicht.
Sputnik
Alma Pyösti in „Fallende Blätter“
Hund statt Mann
Als Ansa Holappa zum Essen einlädt, schleicht er sich zwischendurch ins Vorzimmer, um einen Schluck ais dem Flachmann in seiner Jacke zu nehmen. Sie ertappt ihn dabei und erwidert trocken, sie hole sich keinen Alkoholiker ins Haus. Den zweiten Teller, den sie für das Essen gekauft hat, wirft sie nach Holappas Abgang gleich weg.
Ansa nimmt sich kurz entschlossen einen Hund statt ihm, er geht in sich und entsagt dem Alkohol. Als er clean ist, meldet er sich wieder bei ihr, doch es soll nicht sein, dass sie zusammen kommen. Das dauert noch eine Weile und birgt noch einige gröbere Hürden,
Ein zutiefst menschlicher, niemals zynischer Grundton zieht sich durch diese Romantikkomödie, die trotz aller Tristesse und Sprödigkeit das Herz erwärmt. In Kaurismäkis minimalistischer Retro-Szenerie gilt die Konzentration ausschließlich den Menschen, die er zu seinen Protagonisten auserkoren hat. Nur einen Bezug zur Gegenwart lässt er zu: Aus dem Radio sind immer wieder Nachrichten über den Ukraine-Krieg zu hören.
Fallende Blätter. FIN 2023. 81 Min. Von Aki Kaurismäki. Mit Alma Pöysti, Jussi Vatanen.